Mitschnitt live aus dem GOLEM vom 19.8.2012
Robert Pfaller liest aus seinen Büchern und diskutiert mit Roger Behrens, wofür es sich zu leben lohnt.
Pfallers These:
Alles, wofür es sich zu leben lohnt, beruht auf etwas Zwiespältigem, das wir normalerweise verabscheuen: es ist ungesund wie Alkohol, teuer wie Partys, eklig wie Zungenküsse oder unanständig wie erwachsenes Sprechen. Nur unter besonderen Bedingungen werden wir dazu fähig, dieses Ungute in etwas Großartiges zu verwandeln und es als solches zu erleben: nämlich dann, wenn es ein gesellschaftliches Gebot zum Feiern gibt.
„Jetzt wird gefeiert, und du stößt mit uns an!“ – diese Imperative sind es, womit die Kultur, weit entfernt davon, uns die Vergnügungen zu verbieten, allererst befähigt, sie zu genießen.
Nicht in unserer privaten, authentischen Normalexistenz neigen wir also zum Genuss; wir kommen damit vielmehr nur in unserer geselligen Zweitexistenz zurande – in jenen theatralischen Rollen, die wir in unserem zivilisierten, öffentlichen Leben spielen.
Solche zweite Welten aber werden gegenwärtig, unter postmodernen und neoliberalen Bedingungen zunehmend prekär. Postmoderne Moral ruft die Individuen dazu auf, ganz sie selbst zu sein und läßt sie glauben, sie wären dann glücklich. Davon profitieren neoliberale Interessenten, die an der Privatisierung öffentlicher Räume arbeiten und froh sind, wenn die Individuen von sich aus, mit dem Gefühl der Befreiung, auf ihren Anteil an Geselligkeit und mithin an gutem Leben verzichten.
ROBERT PFALLER
wurde 1962 in Wien geboren. Er war Professor für Philosophie und Kulturwissenschaft in Linz und Wien. Seit 2009 ist er in Wien Ordinarius für Philosophie an der Universität für angewandte Kunst.
Pfaller ist Autor zahlreicher Bücher zur Gegenwartskultur. Im Jahr 2008 erschien Das schmutzige Heilige und die praktische Vernunft (S.Fischer), in dem er die die Lustvermeidung und Askese in neoliberalen Gesellschaften kritisierte.
Im Frühjahr 2011 erschien Wofür es sich zu leben lohnt – Elemente materialistischer Philosophie.
ROGER BEHRENS
wurde 1967 in Rahlstedt geboren und ist Philosoph und Sozialwissenschaftler. Seine Arbeitsgebiete sind die kritische Theorie der Gesellschaft sowie die Philosophie und Ästhetik der Moderne und Postmoderne.
Zusammen mit Tine Plesch, Martin Büsser und Johannes Ullmaier ist Behrens Herausgeber des Buchmagazins Testcard. Beiträge zur Popgeschichte. Er ist Redakteur der durch Gerhard Schweppenhäuser und Wolfgang Bock herausgegebenen Zeitschrift für kritische Theorie und arbeitet beim Freien Radio FSK.
Mitschnitt live aus dem GOLEM vom 19.8.2012
Robert Pfaller liest aus seinen Büchern und diskutiert mit Roger Behrens, wofür es sich zu leben lohnt.
Pfallers These:
Alles, wofür es sich zu leben lohnt, beruht auf etwas Zwiespältigem, das wir normalerweise verabscheuen: es ist ungesund wie Alkohol, teuer wie Partys, eklig wie Zungenküsse oder unanständig wie erwachsenes Sprechen. Nur unter besonderen Bedingungen werden wir dazu fähig, dieses Ungute in etwas Großartiges zu verwandeln und es als solches zu erleben: nämlich dann, wenn es ein gesellschaftliches Gebot zum Feiern gibt.
„Jetzt wird gefeiert, und du stößt mit uns an!“ – diese Imperative sind es, womit die Kultur, weit entfernt davon, uns die Vergnügungen zu verbieten, allererst befähigt, sie zu genießen.
Nicht in unserer privaten, authentischen Normalexistenz neigen wir also zum Genuss; wir kommen damit vielmehr nur in unserer geselligen Zweitexistenz zurande – in jenen theatralischen Rollen, die wir in unserem zivilisierten, öffentlichen Leben spielen.
Solche zweite Welten aber werden gegenwärtig, unter postmodernen und neoliberalen Bedingungen zunehmend prekär. Postmoderne Moral ruft die Individuen dazu auf, ganz sie selbst zu sein und läßt sie glauben, sie wären dann glücklich. Davon profitieren neoliberale Interessenten, die an der Privatisierung öffentlicher Räume arbeiten und froh sind, wenn die Individuen von sich aus, mit dem Gefühl der Befreiung, auf ihren Anteil an Geselligkeit und mithin an gutem Leben verzichten.
ROBERT PFALLER
wurde 1962 in Wien geboren. Er war Professor für Philosophie und Kulturwissenschaft in Linz und Wien. Seit 2009 ist er in Wien Ordinarius für Philosophie an der Universität für angewandte Kunst.
Pfaller ist Autor zahlreicher Bücher zur Gegenwartskultur. Im Jahr 2008 erschien Das schmutzige Heilige und die praktische Vernunft (S.Fischer), in dem er die die Lustvermeidung und Askese in neoliberalen Gesellschaften kritisierte.
Im Frühjahr 2011 erschien Wofür es sich zu leben lohnt – Elemente materialistischer Philosophie.
ROGER BEHRENS
wurde 1967 in Rahlstedt geboren und ist Philosoph und Sozialwissenschaftler. Seine Arbeitsgebiete sind die kritische Theorie der Gesellschaft sowie die Philosophie und Ästhetik der Moderne und Postmoderne.
Zusammen mit Tine Plesch, Martin Büsser und Johannes Ullmaier ist Behrens Herausgeber des Buchmagazins Testcard. Beiträge zur Popgeschichte. Er ist Redakteur der durch Gerhard Schweppenhäuser und Wolfgang Bock herausgegebenen Zeitschrift für kritische Theorie und arbeitet beim Freien Radio FSK.